v.l.n.r.: Gunther Riedlsperger, Michael Schopper, Erwin Gisch, Franz Fischler, Christoph Berghammer, Rudi Mittendorfer
Wie vielseitig, zukunftsreich und unterschätzt ist die Vorsorge? Diese Frage diskutierten rund 250 Versicherungsmakler im Dorf der Denker in Alpbach. Fachverbandsobmann Christoph Berghammer erklärte, dass viel zu wenig über Vorsorge gesprochen wird. Dies sei speziell in Zeiten noch lange andauernder Nullzinspolitik immer wichtiger für den Konsumenten.
Vorsorgen macht unabhängiger
In einer berührenden Festrede erzählte Nationalrätin Kira Grünberg von ihrem durch einen Trainingsunfall ausgelösten Karriereende und sprach in dem Zusammenhang auch von Vorsorge: „Jeden von uns betrifft das Thema, ob es nun um die Pension oder nur die Vorsorge bei Schicksalsschlägen wie meinem geht. Wer vorsorgt, kann unabhängiger und unbeschwerter in die Zukunft blicken und übernimmt auch ein Stück weit Eigenverantwortung für die eigene Zukunft.“
Dass es beim Vorsorgen Nachholbedarf seitens der ÖsterreicherInnen gibt, zeigten die Ergebnisse zur Vorsorge-Umfrage von Telemark-Marketing-Geschäftsführer Robert Sobotka. 42 % der Befragten im Alter von 18 bis 60 Jahre haben keine Lebensversicherung oder Pensionsvorsorge. Dies obwohl für 89,2 % eine private Vorsorge sehr wichtig bzw. wichtig ist. Die drei wichtigsten Vorsorge-produkte der ÖsterreicherInnen sind die klassische Lebensversicherung (50,2 %), die staatlich geförderte Pensionsvorsorge (45,7 %) und die fondsgebundene Lebensversicherung (31,4 %). Etwas mehr als 40 % der Befragten gehen davon aus, für die Pension nicht ausreichend vorgesorgt zu haben. Grund für die fehlende Vorsorge sind in erster Linie fehlendes Interesse (27,8 %) oder zu wenig finanzielle Mittel (25,9 %).
Politik muss betriebliche und private Vorsorge fördern
Dass die staatliche Vorsorge den Wohlstand im Alter auf Dauer nicht sicherstellen kann, erklärte Versicherungsmakler Frederik Fokkink. Die drei Säulen – staatliche, betriebliche und private Vorsorge – sind in Österreich ungleich verteilt. Mehr als 80 % des Pensionseinkommens der ÖsterreicherInnen kommen aus der staatlichen Vorsorge, ein kleiner Teil kommt aus der privaten Vorsorge und kaum nennenswert sind die Beiträge aus der betrieblichen Vorsorge. In den Niederlanden ist der Anteil von staatlicher Vorsorge und betrieblicher Vorsorge mit jeweils mehr als 40 % sowie gut 10 % privater Vorsorge viel ausgewogener. In Österreich ist die Abhängigkeit von der ersten Säule zu groß, was dazu führt, dass für einen budgetären Anreiz, mehr in betriebliche oder private Vorsorge zu investieren, kaum Budget vorhanden ist.
Betriebliche Vorsorge als Mitarbeiterbindung
Fokkink ist überzeugt, dass die Stimulierung der zweiten Säule das Staatsbudget entlasten würde. Zudem ist eine betriebliche Pensionszusage ein Bindungsinstrument, um Fachkräfte zu rekrutieren bzw. ans Unternehmen zu binden. Die Investition in die Mitarbeitervorsorge macht Unternehmen für Mitarbeiter attraktiver und zeigt die soziale Kompetenz und Verantwortung des Betriebes. Zudem bietet man durch die Investition in die Mitarbeiter eine stabile Unternehmenszukunft, eine finanzielle Sicherheit für die Mitarbeiterfamilien und sorgt für ein vernünftiges Gehalt im Ruhestand. Aus diesem Grund fordert Fokkink eine Gesetzgebung, die die zweite und dritte Säule entsprechend stark fördert: „Bei vorausschauender Betrachtung werden Vorsorgeprodukte an Bedeutung gewinnen, da der Glaube der Bevölkerung in eine ausreichende gesetzliche Pension schwindet.“
Für Michael Miskarik, Leiter der Niederlassung Österreich von der HDI Leben, zeigt der gesellschaftliche Wandel, dass es ein Leben nach herkömmlichen Lebensphasen in der bisherigen Form nicht mehr geben wird: „Staatliche Leistungen in die Ausbildung der Kinder, in das Gesundheitsnetz sowie in die Pensionen werden auf Dauer nicht auf dem heutigen Level zu erhalten sein.“ Dies schon deshalb, weil in den 1970er Jahren die Arbeitsjahre 43 Jahre und die Kindheit/Jugend/Pension 34 Jahre betragen haben. 2010 beliefen sich die Arbeitsjahre auf 35 Jahre, während Kindheit/Jugend/Pension 48 Jahre ausmachten – Tendenz steigend.
Vorsorgen für mögliche Pflege
Neben einer Pensionsvorsorge spielt auch die Vorsorge in eine mögliche Pflege eine immer wichtigere Rolle. Im Durchschnitt fallen im Leben je ÖsterreicherIn 9,4 Jahre an, die mit abnehmender Gesundheit verbunden sind. Auch hier ist mit einem Anstieg der Pflegegeldbezieher von 460.000 Personen im Jahr 2018 auf rund 628.000 Personen im Jahr 2028 zu rechnen. Ziel muss es hier sein, die Pflege und Betreuung zu Hause abzusichern. Beratung im Vorfeld, Prävention sowie eine umfassende Rehabilitation (sozial, medizinisch, beruflich) sind hier wichtige Punkte, für die der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen schaffen muss. „Die Vermeidung oder Beseitigung von Invalidität und Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess muss das vorrangige Ziel sein“, unterstreicht Miskarik. Medizinische-beruflich-orientierte Rehabilitationszentren nach deutschem Vorbild sowie eine betriebliche Gesundheitsförderung zur Aufrechterhaltung von Beschäftigungsverhältnissen sind zwei Maßnahmen zur Eindämmung von Pflegefällen, die entsprechend schnell umgesetzt werden sollten. Natürlich braucht es neben den Aufgaben des Staates auch Eigenverantwortung der Bevölkerung. Prävention in Form von Bewegung und Sport sowie finanzielle Absicherung durch eine mögliche private Vorsorge sind hier die wichtigsten Punkte.