Rund 200 Versicherungsmakler nahmen am elften Alpbacher Expertentreffen mit dem Generalthema „Rechtsentwicklung und Digitalisierung - notwendige Fortschritte oder unnötige Irrwege?“ teil. Dabei wurde die im Februar 2016 veröffentlichte Richtlinie über den Versicherungsvertrieb – IDD – breit diskutiert. Der allgemeine Tenor: Die Versicherungsmakler, die kraft Gesetzes immer unabhängig und nach dem Best-Advice-Prinzip arbeiten, könnten bei der Umsetzung von IDD im Vergleich zum Online- oder Bankenvertrieb stark benachteiligt werden. Deshalb wurden auch entsprechende Argumente und Forderungen an die Politik formuliert, um dieses Ungleichgewicht bei der Umsetzung von IDD in Österreich auszugleichen.
Nach mehr als dreijähriger Diskussion und unter massivem Einsatz des Fachverbandes der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten bei den Verhandlungen in Brüssel wurde im Sommer 2015 die nunmehr von der EU Kommission vorgegebene Versicherungsvertriebsrichtlinie „Insurance Distribution Directive“ (IDD) beschlossen. Die Richtlinie muss bis Jänner 2018 in Österreich umgesetzt sein. Der Fachverband der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten hat die Richtlinie auf Herz und Nieren geprüft und sieht die Politik in einigen Punkten gefordert.
Fachverbandsobmann Gunther Riedlsperger sieht die verpflichtende Weiterbildung, die im Artikel 10 der IDD unter „Berufliche und organisatorische Anforderungen“ beschrieben wird, als sinnvoll und ausdrücklich gewünscht, da dies die Qualität der Beratung weiter steigert. Laut Artikel 10 der IDD unterliegen Versicherungsvermittler bzw. die für den Vertrieb verantwortlich angestellten Personen einer Weiterbildungsverpflichtung mit mindestens 15 Stunden pro Jahr. Die berufliche Schulung oder Weiterbildung muss entsprechend ihrer ausgeübten Tätigkeit bzw. der vertriebenen Produkte angepasst werden. „Für den Fachverband stellt sich jedoch die Frage, wie diese entsprechend organisiert, verwaltet und kontrolliert werden kann. Unseren mehr als 3.500 Gewerbeberechtigten die verpflichtende Weiterbildung durch Schulungen und entsprechenden Service bieten zu können, wird eine extrem schwierige Herausforderung, der wir uns jedoch stellen werden,“ erklärt Riedlsperger.
Für Fachverbandsobmann-Stellvertreter Christoph Berghammer, der ab September die Agenden des Fachverbandsobmannes übernimmt, gibt es in Artikel 17 doch großen Klärungsbedarf für alle Versicherungsvermittler außerhalb der Versicherungsmakler. In Artikel 17 wird festgehalten, dass die Vermittler von Versicherungsprodukten ihre Kunden ehrlich, redlich und in deren bestmöglichem Interesse behandeln sollen. „Für uns Makler stellt dies kein Problem dar, da wir durch das Maklergesetz auch bisher dem Best Advice Ansatz verpflichtet sind. Es stellt sich für mich aber die Frage, wie diese Vorgabe von Außendienstmitarbeitern der Versicherer, Versicherungsagenten oder Bankmitarbeiter, die Versicherungsprodukte vertreiben, gehandhabt werden kann. Was passiert, wenn das Konkurrenzprodukt für den Kunden attraktiver wäre als das Produkt aus dem eigenen Haus?“
Bei IDD wird ausdrücklich auf Einfach- bzw. Mehrfachagenten - d.h. vertraglich an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen gebundene Vermittler - Bezug genommen. Dabei soll den Besonderheiten dieser Vermittlergruppen Rechnung getragen werden. Der Kunde muss vor Vertragsabschluss über die Vertragsbeziehung zu einem oder mehreren Versicherern hingewiesen werden. Der Kunde muss also vor Vertragsabschluss darüber informiert werden, ob der Versicherungsvermittler an eine Versicherung gebunden oder ungebunden ist und welche Art der Vergütung er erhält. Es kann sich für Beratung und Vermittlung um ein Honorar, eine Provision oder eine Mischform handeln. Diese Form der Transparenz, die in Artikel 19 geregelt ist, wird von FVO-Stv. Christoph Berghammer ausdrücklich unterstützt, da „der Kunde wissen soll, in welcher Form wir Makler honoriert werden.“
Anders verhält es sich mit dem Grundsatz der Beratung sowie Standards für den Vertrieb ohne Beratung, der in Artikel 20 festgehalten wird. Berghammer führte in seinem Referat aus, dass es eigentlich nicht möglich ist, außerhalb von Standardprodukten eine Versicherungsvermittlung ohne Beratung zu geben. Bei der Frage, wo Beratung anfängt und wo diese aufhört sieht der designierte Fachverbandsobmann schon einiges an Arbeit für die Gerichte.
Keine Sonderregelung fordert Berghammer für den Onlinevertrieb. „Die digitale Welt hat Einzug gehalten und wir müssen uns dieser Herausforderung stellen. Die Verpflichtungen, die Makler, Agenten, Außendienstmitarbeiter und auch der Bankenvertrieb haben, müssen jedoch auch für den Onlinevertrieb gelten.“ Berghammer bietet allen an der Umsetzung der Richtlinie beteiligten Personen offene Gespräche an, um eine vernünftige Lösung zu erarbeiten. „Es muss für uns alle ein Anliegen sein, die Ziele der IDD nach einem Mindeststandard an Regeln zu erfüllen und trotzdem unter gleichen und fairen Marktvoraussetzungen im Sinne der Kunden arbeiten zu können“, so Berghammer abschließend.