Nach jahrelangen Diskussionen und großer Unsicherheit tritt die im Februar 2016 vom EU-Parlament verabschiedete Versicherungsvertriebsrichtlinie „Insurance Distribution Directive“ (IDD) ab Oktober 2018 für Versicherungsunternehmen in Kraft. Die Umsetzung für Versicherungsvermittler dauert noch an und wird mit der Gewerbeordnungsnovelle frühestens ab Jänner 2019 starten. Im Congress Centrum Alpbach wurde beim 13. Alpbacher ExpertInnentreffen im Dorf der Denker neben der IDD-Umsetzung auch der Maklervertrieb in der digitalen Welt diskutiert.
Christoph Berghammer, MAS, Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler, sagte, dass bei der IDD-Umsetzung durch intensive Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern im Vorfeld viele Punkte konstruktiv geklärt werden konnten. Trotzdem gibt es noch Bereiche, in denen Uneinigkeit herrscht: „Wir Versicherungsmakler erwarten uns, dass alle Berufsgruppen, für die die IDD zutrifft, ein klares Bekenntnis zur Weiterbildung geben. Hier gibt es noch Uneinigkeit was die verpflichtende Weiterbildung betrifft. Ebenso sollte der Bereich Statusklarheit keine Interpretationsmöglichkeiten offen lassen.“ Für den Fachverband der Versicherungsmakler muss die Statusklarheit auch im Bereich der Vermögensberater gewährleistet sein.
IDD – Umsetzung und wichtige Neuerungen
Ministerialrat MMag. Stefan Trojer erklärte, dass die Umsetzung der IDD in österreichisches Recht bereits in Gang sei und der Gesetzesentwurf aus dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort demnächst zu erwarten sei. Wesentliche Neuregelungen sind laut Trojer die verpflichtende Weiterbildung von 15 Stunden jährlich sowie die Statusklarheit – also die klare Unterscheidung zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsagent. Die Gewerbeordnung sieht vor, dass die Fortbildung nicht nur die Vermittler, sondern auch deren Angestellte betrifft. Die Ausbildungsinhalte im Rahmen der Weiterbildung werden von den jeweiligen Fachorganisationen festgelegt. Die Statusklarheit bringt verstärkten Kundenschutz und muss auch im Interesse der Versicherungsunternehmen sein. Die Definition der Statusklarheit ist gleichbedeutend mit einem Doppelbetätigungsverbot als Makler bzw. Agent.
Ebenfalls entsprechend definiert wurden im Zuge der IDD die neuen Compliance- und Wohlverhaltensregeln im Versicherungsvertrieb. „Die Interessen des Kunden sowie dessen Wünsche und Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt. Dies soll nicht nur am Point of Sale gelten sondern über den gesamten Produktlebenszyklus so verstanden werden“, brachte es Dr. Ludwig Pfleger von der Finanzmarktaufsicht auf den Punkt. Prinzipiell wird der Kunde durch die IDD sehr gut geschützt. Für die FMA findet durch IDD Konsumentenschutz auf 4 Ebenen statt. Die erste Ebene betrifft das Produktentwicklungsverfahren, in dem u.a. ein Zielmarkt definiert werden muss. Produktgenehmigungsverfahren müssen durchlaufen sowie Vorkehrungen für den Vertrieb der Produkte getroffen werden. In der zweiten Ebene werden verbesserte Informationspflichten, eine verpflichtende Beratung, deren Dokumentation sowie die Beurteilung von Eignung und Zweckmäßigkeit bei Anlageprodukten gefordert. Durch verstärktes Produkt Monitoring seitens der FMA sowie der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA können Produkte oder bestimmte Merkmale daraus beschränkt oder verboten werden. Die vierte Ebene ist die Möglichkeit zur Sanktion bei Nichteinhaltung von Vorschriften. Dies können hohe Verwaltungsstrafen, die Veröffentlichung der Sanktionen sowie eventuelle Aufsichtsmaßnahmen sein.
Der Maklervertrieb in der digitalen Welt
Über „Pioniergeist und Geschäftserfolg – Der Makler als Game Changer“ referierte Versicherungsexperte Mag. Hermann Fried, der den zweiten großen Themenblock „Maklervertrieb in der digitalen Welt“ einläutete. Die Entwicklung der Onlinemärkte hat viele einfache Gründe: Die Geschwindigkeit und hohe Dynamik sowie die hohe Skalierbarkeit und Reichweite bieten jedem Unternehmen Möglichkeiten zu enormem Wachstum. Die Plattformorientierung ermöglicht zudem starke Netzwerkeffekte. Hinzu kommen geringe Transaktionskosten sowie die starke Kundenorientierung und der schnelle Weg zum Geschäftsabschluss. Mag. Fried rät den Versicherungsmaklern, die digitale Kompetenz im Unternehmen zu stärken, digitale Geschäftsmodelle aufzubauen oder sich durch Kooperationen in das bestehende Geschäftsmodell zu integrieren. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist das Bearbeiten von Nischenmärkten. So wird der Versicherungsmakler im Versicherungsmarkt zum Game Changer.
Interessante Zahlen präsentierte Werner Panhauser, Vorstand der Helvetia Versicherungen AG, aus der Studie „Generation Online – Ziele, Sorgen und Versicherungsverhalten“. Zwei Drittel fühlen sich gut versichert. Im Versicherungswesen empfinden ebenfalls sechs von zehn Personen, dass Versicherungsverträge zu kompliziert sind und das Kleingedruckte den Versicherungsunternehmen „hilft“, im Schadensfall nicht leisten zu müssen. Nur 36% glauben, dass teure Versicherungen im Schadensfall eher leisten als günstigere. Auch die Digital Natives, also aktuell 16-20jährige, möchten trotz Onlinevertrieb einen persönlichen Ansprechpartner (54%) und sind prinzipiell dem Versicherungspartner treu. 40% bleiben bei einer Versicherung, wenn sie sich erstmal dafür entschieden haben. 59% vertrauen bei der Auswahl auf Empfehlungen und 41% nutzen Vergleichsangebote. Fast 40% der Befragten haben einen unabhängigen Versicherungs-Coach und knapp mehr als ein Drittel liest Onlinebewertungen von Kunden zu Schadensfällen.
Für Vertriebsvorstand der Allianz Elementar Versicherungs AG, Mag. Werner Müller, decken sich die Zahlen mit den selbst gemachten Erfahrungen. Er zeigte einen Weg auf, wie der Spagat zwischen analogem und digitalem Versicherungsvertrieb gelingen kann. Laut Mag. Müller liegt klar auf der Hand, dass Kunden maßgeschneiderte Angebote und trotzdem eine große Auswahl haben möchten. Die Qualität muss ebenso wie das Service passen und die Kosten müssen adäquat sein. Vor allem kurze Reaktionszeiten sowie unmittelbare Kontaktaufnahme und eine gewisse Unabhängigkeit von Zeit, Raum und Technologien sind wichtige Parameter, die der Kunde von morgen als gegeben sieht. Hier gilt es, sich entsprechend zu rüsten und die Produkte als auch den Vertrieb in die entsprechende Richtung weiterzuentwickeln. Die große Herausforderung dabei steht im entsprechenden Einsatz der neuen Technologien und im Mix daraus.
Dass die Digitalisierung dem Kunden aber auch dem Versicherungsmakler einen Mehrwert bietet, stand für Dr. Klaus Koban, Koban Südvers Group Austria, außer Frage. Der digitale Kunde erhält flexible, individuelle Versicherungslösungen sowie eine rasche digitale Umsetzung bei allen Fragen. Zudem kann die digitale Unterstützung der Beratungsprozesse eine win-win-Situation für alle Beteiligten darstellen. Auch für das eigene Unternehmen bietet Digitalisierung einen Mehrwert in Form von Kostenoptimierungen an. „Die persönliche Beratung kann aber speziell im Firmen- und Industriekundengeschäft nicht ersetzt werden“, so Dr. Koban abschließend.
Das 13. ExpertInnetreffen der Versicherungsmakler wurde mit einer systematischen Aufstellungsarbeit von Peter Klein zum Thema „Was macht die Digitalisierung mit unserem Bewusstein? – eine Annäherung durch kollektive Bewusstseins-Aufstellung“ abgerundet.