Klimawandel bringt keine erhöhte Intensität an Naturkatastrophen - Trotzdem steigen die Schäden.
Nach einem Hochwasser, Lawinenabgang oder heftigen Herbststurm sieht oft nicht nur das Heim, sondern auch die finanzielle Lage trist aus. Eine Ergänzung zum staatlichen Katastrophenfonds bieten private Versicherer. Doch Schäden durch Naturkatastrophen bedeuten meist auch ein Anheben der Versicherungsprämien oder gar einen Ausschlussgrund für den jeweiligen Versicherungsnehmer. Dies kann schneller passieren als einem lieb ist. So gilt als Ausschließungsgrund wenn das zu versichernde Gut in der roten Zone steht oder etwa in den letzten zehn Jahren Schäden durch Lawinen- bzw. Murenabgänge oder ein Hochwasser entstanden sind.
Die immer höhere Anzahl an Naturkatastrophen wird dabei oft als zusätzlicher Grund genannt, die Prämien zu erhöhen oder bestimmte Risiken nicht mehr zu versichern. Der Fachverband der Versicherungsmakler fordert seitens der Politik und seitens der Versicherungswirtschaft, die Rahmenbedingungen herzustellen, damit jedes Risiko in Österreich auch versicherbar ist. Fachverbandsobmann Gunther Riedlsperger erläutert, dass "es in bestimmten regionalen Gebieten in Österreich sehr schwer ist, für Kunden einen Versicherungsschutz zu bekommen. Dies ist beispielsweise die vom Hochwasser stark betroffene Stadt Krems. Solche Gebiete gibt es in jedem Bundesland". Eine Versicherung sei nach wie vor eine Risikogemeinschaft, aus der niemand ausgeschlossen werden darf.
Riedlsperger fordert gemeinsam mit dem Tiroler Obmann der Versicherungsmakler Mag. Thomas Tiefenbrunner ein, dass hier gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft eine Lösung dafür gefunden werden muss, damit Personen in exponierten Gebieten nicht auf sich allein gestellt sind. "Die Kosten durch die häufigere Anzahl der Schäden in solchen gebieten kann beispielsweise durch eine moderate Prämienerhöhung über in ganz Österreich abgefedert werden. Auch eine Pool-Lösung nach Schweizer Vorbild wäre eine sozial verträgliche Lösung des Problems", zeigt Tiefenbrunner Lösungsmöglichkeiten auf.
Auch die Politik ist gefordert. Versicherungsgesellschaften, allen voran die Rückversicherer, haben ein legitimes Interesse, das Risiko so zu verteilen, dass die Prämieneinnahmen im Normalfall die Schadenssummen übersteigen. Ist dies nicht der Fall, so liefert dies gute Argumente, das „zunehmend nicht mehr tragbare“ Risiko mehr und mehr der Politik und in weiterer Folge der Allgemeinheit zuzuschieben. Härtefälle, die über Hilfs- und Katastrophenfonds bedient werden, sollten auch in entsprechender Höhe entschädigt werden. Die jeweiligen Fonds müssen also auch entsprechend dotiert sein, damit dieser nicht bereits nach wenigen Fällen geleert sind.
Anzahl der Naturkatastrophen sind "normal verteilt"
Stürme wie Kyrill oder Emma verursachten „nie dagewesene“ Waldschäden. Aufgrund der extremen Hochwasserschäden musste die österreichische Bundesregierung sogar die angekündigte Steuerreform verschieben. Aussagen wie diese sind eine allgemein akzeptierte Tatsache. Dass es den Klimawandel gibt ist ebenfalls eine Tatsache. Dass mit dem Klimawandel aber ein Steigen der Anzahl der Naturkatastrophen einhergeht, ist nicht belegbar.
"Generell wurde überraschenderweise sowohl in den letzten 200 Jahren, als auch in den letzten 50 Jahren keine generelle Steigerung der Klimavariabilität beobachtet, wie sie in der Öffentlichkeit als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt wird", erklärt Dr. Reinhard Böhm von der Abteilung für Klimaforschung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Auch was die Sturmhäufigkeit betrifft, so kann man ausschließen, dass diese in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten signifikant zugenommen hat. Es gibt auch keine Zunahme der exzessiven Monatsniederschläge in Mitteleuropa - weder über die gesamten beiden letzten Jahrhunderte, noch in den aktuellen Jahrzehnten des anthropogenen Klimawandels. "Es gib also keinen Zusammenhang, dass wärmeres Klima exzessivere Niederschläge zur Folge hat. Im Gegenteil: das wärmere 20.Jahrhundert war gegenüber dem kälteren 19.Jahrhundert bei den Niederschlägen weniger extrem", so Dr. Reinhard Böhm weiter. Was die Schadenshöhen betrifft so hat Böhm eine logische Erklärung: Die Schäden je Katastrophe steigen stark an, weil es viel mehr potentiell zu schädigende Güter gibt als noch vor 20 Jahren.
Mit Naturkatastrophen umgehen
Auch bei vollster Konzentration auf unsere ideellen und materiellen Potenziale zur Vermeidung des anthropogenen Klimawandels wird uns das in etlichen Fällen nichts nützen. Wir können aber lernen, mit den immer schon gegebenen extremen Ausformungen von Wetter und Klima besser zu Rande zu kommen. Einen Ansporn für diese Strategie sollte uns die Tatsache liefern, dass zumindest in Ländern, in denen „good governance“ gegeben ist, die Katastrophenschäden an Leib und Leben markant zurück gegangen sind. Ein Flusshochwasser in Europa läuft „geplant“ ab und verursacht materielle Schäden aber nur selten Todesopfer.
Naturkatastrophen und Schäden blieben im Rahmen
"In Österreich gab es im vergangenen Jahr keine nennenswerten großflächigen Ereignisse. Gesamt beliefen sich die Schäden in Österreich auf 146 Millionen Euro nach 566 Millionen Euro im Jahr 2009", erklärt DI Gerhart Ebner von RiskConsult. Diese Schäden sind beim Versicherungsverband Österreich als Sturm- und kleine Elementarschäden ausgewiesen. In Europa wütete im Jahr 2010 der Wintersturm Xynthia mit 65 Toten sowie Gesamtschäden von 6,1 Milliarden US Dollar (Quelle Münchner Rückversicherung). Zudem versetzte der Ausbruch des Eyjafjallajökull in Island ganz Europa in Turbulenzen. Die unmittelbaren Schäden waren minimal, aber die Auswirkungen aufgrund des wochenlangen Stillstandes des Flugverkehrs versetzten viele Branchen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Diese wären im Prinzip versicherbar gewesen.
Laut Ebner nehmen die Schäden in erster Linie durch die höhere Wertekonzentration zu. Ortschaften breiten sich aus, Gebäude werden höher errichtet und Betriebsstätten weiten sich aus. Auch die starke Vernetzung der wirtschaftlichen Abläufe führt zu Folgeschäden bei Ausfall eines Gliedes. Zudem werden auch an gefährdeten Orten Gebäude und Betriebsstätten errichtet, die nur scheinbar "gesichert" sind. Aber auch die höhere Technologisierung treibt die Schäden nach oben. "Das Schadenpotenziel ist höher, da Empfindlichkeiten von Maschinen oder Materialien zunehmen und Toleranzbereiche abnehmen", weiß Ebner. Zu guter Letzt stellt es für Ebner auch ein Problem dar, dass Gefahrensituationen nicht regelmäßig evaluiert und die Maßnahmen nicht an die geänderten Gegebenheiten angepasst werden. "Werden all diese Punkte beim Risikomanagement berücksichtigt, so könnten viele Schäden minimiert werden", so Ebner abschließend.