Mit dem Thema Klima- und Umweltschutz beschäftigen sich die heimischen Touristiker inklusive der Seilbahnwirtschaft seit geraumer Zeit. Ideen, Lösungen und vor allem eine praktikable Umsetzung sind hier gefragt. Während Seilbahnen und Schneekanonen bereits seit Jahren mit Ökostrom betrieben werden, gibt es im Bereich der Pistenpräparierung noch kein entsprechendes Angebot. Ein Pilotprojekt am Hintertuxer Gletscher soll den Betrieb von Pistengeräten nun CO2-neutral machen.
In Österreichs Skigebieten sind rund 2.000 Pistengeräte (ohne Skidoos) – rund 50 Prozent davon nur in Tirol - im Einsatz. Für den Betrieb der Pistengeräte sind rund 30 Millionen Liter Kraftstoff pro Jahr nötig, was einen jährlichen Ausstoß von 40.000 Tonnen CO2 bedeutet. Seitens der Fachgruppe der Tiroler Seilbahnen in der Wirtschaftskammer Tirol ist man schon seit einiger Zeit dabei, hier eine umweltschonende Zukunftslösung zur Dekarbonisierung zu finden. „Pilotversuche mit batteriegetriebenen Pistenraupen sowie mit Pistengeräten mit Wasserstoffantrieb haben wir in den letzten Jahren bereits umgesetzt. Leider sind beide Technologien für den Einsatz in hochalpinem Gelände nicht wirklich geeignet“, erklärt Fachgruppenobmann NR Franz Hörl.
Erfolgversprechende Kooperation
Jetzt startet die eFuel Alliance Österreich in Kooperation mit der Fachgruppe der Tiroler Seilbahnen am Hintertuxer Gletscher den Pilotversuch durch den Einsatz von CO2-neutralem synthetischem Treibstoff in Pistengeräten. Diese Technologie verspricht einige wesentliche Vorteile für Pistenraupen, die nun auch in der Realität untersucht und erprobt werden sollen. „Damit kommt man dem Ziel, in naher Zukunft auch Skigebiete klimaneutral zu betreiben, einen großen Schritt näher“, freut sich Hörl.
Für den Vorstandsvorsitzenden der eFuel Alliance Österreich, Mag. Jürgen Roth, sind eFuels ein essenzieller Baustein der Energiewende: „eFuels sind sauberer als bisher verwendete Treibstoffe und tragen maßgeblich zur Erreichung einer sozial verträglichen Energiewende bei.“ eFuels sind synthetisch erzeugte flüssige Kraft- und Brennstoffe. Sie werden aus Wasserstoff hergestellt. Die dafür notwendige Energie stammt aus Wind- und Solaranlagen. Durch die Synthese mit CO2 (Power-to-Liquid Verfahren) und erneuerbaren Energien lassen sich eFuels klimaneutral herstellen.
Wissenschaftliche Begleitung
Im Rahmen des Pilotprojektes wird ein Pistengerät mit eFuels betrieben, um die Funktionalität im Einsatz unter Echtbedingungen zu erproben. Wissenschaftlich begleitet wird das Pilotprojekt durch die Forschungsabteilung der AVL List GmbH, auf deren Gelände gerade die modernste Power-to-Liquid-Anlage Europas errichtet und 2022 in Betrieb gehen wird.
Wichtige Aufschlüsse erhofft sich auch der Geschäftsführer der Zillertaler Gletscherbahn, Klaus Dengg, der für die Tests am Hintertuxer Gletscher ein Pistengerät zur Verfügung stellt. „Im Durchschnitt fallen bei uns pro Saison ca. 1.000 Betriebsstunden je Pistengerät an. Bei einem Verbrauch von bis zu 30 Liter pro Betriebsstunde sind das rund 60.000 Liter im Jahr. Wenn die Pistenpräparierung CO2-neutral erfolgen könnte, wäre das natürlich eine saubere Sache für Mensch und Umwelt.“ Der Seilbahner sieht darin ein enormes Potenzial für die Tourismusregion.
Für den Einsatz von eFuels sind laut Kässbohrer-Geschäftsführer Christian Paar so gut wie keine Umrüstungen notwendig: „Der beim Versuch eingesetzte PAL Kraftstoff ist für die Motoren, welche Kässbohrer verbaut, zugelassen. Der Vorteil liegt klar darin, dass keine großartige Änderung an den Motoren oder der Kraftstoffinfrastruktur erforderlich ist. Man kann sagen, dass man einfach auftankt und schon ist das Gerät startklar.“ Kässbohrer wird das Projekt begleiten, um auch eigene wichtige Erkenntnisse für die Pistengeräte der Zukunft zu gewinnen.
Synthetische Treibstoffe als Vorteil für die Umwelt
Österreich ist mit großem Know-how an der Erforschung von eFuels beteiligt, die eine hervorragende CO2-neutrale Alternative zu herkömmlichen flüssigen Energieträgern darstellen.
Besonders sonnen- und windreiche Gebiete mit einem großen Mengenpotenzial an erneuerbaren Energien bieten sich als Standorte für eine kostengünstige Herstellung von Wasserstoff und wasserstoffbasierten Folgeprodukten wie eFuels an. Dies senkt die Produktionskosten deutlich und etabliert eFuels für vielfältige Einsatzzwecke, wie etwa im gesamten Straßen-, Luft- und Schiffsverkehr, aber auch im Wärmemarkt und als Grundstoff für die chemische Industrie.
Ein großer Vorteil von eFuels liegt darin, dass sie dieselben Eigenschaften und Wirkungsgrade wie fossile Brenn- und Kraftstoffe aufweisen, die energetische Nutzung jedoch CO2-neutral erfolgt. Somit wird eine massive Reduktion von Treibhausgasemissionen erreicht, ohne auf bewährte Infrastruktur in der Mobilität, im Flug- und Schiffsverkehr und am Raumwärmemarkt verzichten zu müssen. Teure Umrüstungen sind für die Verwendung nicht nötig. Ein Umstand, durch den Umwelt und Konsumenten profitieren, die beispielsweise ihren Pkws mit CO2-neutralem Treibstoff fahren können.
Das Potenzial zur Herstellung von synthetischen Brenn- und Kraftstoffen ist erheblich. Im Jahr 2030 könnten allein durch die Nutzung von überschüssigem Strom aus regenerativen Quellen 240 Millionen Liter in Österreich erzeugt werden.